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Navigationssystem für Unternehmer – Tim Ferriss‘ Fragenkatalog

Einer der letzten Tim Ferriss Podcast-Episoden die ich angehört habe befasste sich mit Fragen/Einzeilern die sein sein Leben verändert haben. Ich möchte euch die Fragen hier gern vorstellen und meine eigenen Hinweise/Interpretationen geben.

1. Was wenn ich 48h lang das Gegenteil mache?

Die Idee dahinter ist ein Klassiker: Anstatt zu tun was alle tun, sollte man sich fragen ob es in der Gegenrichtung nicht mehr zu holen gibt. Ein paar Beispiele aus dem e-Commerce:

  • Alle reden von Amazon. Was wenn ich mich statt dessen auf Ebay oder Dawanda konzentriere?
  • Alle reden von FBA. Was wenn ich mein eigenes Warenhaus aufbaue und Ware verkaufe die Amazon nicht lagern will?
  • Alle sagen, dass man Elektronik, Nahrungsmittel, Spielwaren oder Zerbrechliche Güter nicht verkaufen soll. Was wenn ich der Spezialist für z.B. Glaswaren werde?

2. Für was gebe ich viel zu viel Geld aus? Was kann ich selbst gut gebrauchen?

Diese Frage hat mit Produktfindung zu tun. Tim nutzte diesen Ansatz um sein erstes eigenes Produkt (Nahrungsergänzungsmittel bzw. Cognitive-Enhancement) zu entdecken. Denn obwohl er nicht viel Geld hatte, war er selbst bereit dafür viel Geld auszugeben. Das Internet macht es möglich Nischen zu bespielen die sonst nicht funktionieren würden. Wenn du in deinem Dorf der einzige Bodybuilder bist, klingt das nicht nach einem Markt. Durch das Internet verknüpfst du aber die Freaks aus allen Dörfern. Und plötzlich macht ein Shop für Bodybuilder, Jäger oder Piercings Sinn. Die Frage nach dem Geld ist dabei besonders wichtig. Denn wenn du z.B. Teil einer abstrusen Community bist, aber alle Mitglieder dieser Community inkl. du selbst extrem Kostensensibel sind, dann wird die Nische nicht viel Geld einbringen.

3. Was würde ich machen, wenn ich 10 Mio Dollar hätte? Was ist mein wirkliches Zieleinkommen?

Die Frage hat etwas mit Lifestyle zu tun, also indirekt mit Amazon. Nicht jeder muss versuchen FBA-Sellerlevel 8 zu erreichen. Manchen reicht es vielleicht schon jeden Monat 4000€ nach Steuern auf dem Konto zu haben. Die Idee hinter dieser Frage ist es, sich seinen eigenen Finanzbedarf zu verdeutlichen. Ich reiß das nur mal kurz an. Detailliert macht das z.B. Tony Robbins in Money, Master The Game.:

  • Schreibt euch eine Liste mit Dingen auf die ihr gern tun würdet, wenn ihr Millionär wärt.
  • Recherchiert was die Dinge tatsächlich kosten. Bezieht auch Alternativen mit ein (anstatt das eigene Flugzeug zu kaufen, kann man auch eines Chartern. Oder man fliegt „First Class“. Siehe hier)
  • Rechnet den tatsächlichen Finanzbedarf aus.

Ihr werdet feststellen, dass die Dinge die ihr als Millionär machen wollt, alle deutlich weniger als eine Million kosten. Damit könnt ihr nun euren eigenen Finanzplan aufstellen in dem FBA dann seine Rolle spielt.

4. Was ist das schlimmste das passieren kann? Kann ich wieder zu meinem aktuellen Status zurück kehren?

Das ist die Frage die man sich am Anfang einer Reise/Entscheidung stellen sollte. Was ist realistisch das schlimmste was passieren kann. Falls ihr z.B. den Sprung in die Selbstständigkeit wagt: Könnt ihr wieder zurück? Könntet ihr einen vergleichbaren Job finden wie ihr ihn aktuell habt? Wenn ja, was gibt es zu verlieren?
Wenn ihr Ware aus China importiert: Was wenn der Zoll die Ware beschlagnahmt und auf eure Kosten vernichtet? Seid ihr dann Insolvent? Wenn nein, was ist das Problem?

Es geht hier nicht darum Kamikaze-Missionen zu rechtfertigen. Ihr sollt z.B. beim Zollbeispiel immer noch versuchen alles zu tun was nötig ist, damit der Zoll keinen Grund hat die Ware zu beschlagnahmen. Es geht hier nur darum, euer Worstcase Szenario einmal zu quantifizieren.

5. Was wenn ich nur 2h pro Woche an meinem Business arbeiten könnte, was würde ich tun?

Hier geht es um die 80/20 Regel. Was sind die wirklich wichtigen Dinge in meinem Business? Was kann ich automatisieren oder auslagern? Wie kann ich mich selbst aus dem Business weg optimieren um ein System zu schaffen was Geld für mich verdient.

Für FBAler heißt das z.B. muss ich wirklich selber Labeln? Wie kann ich Nachschubbestellung oder Rechnungserstellung automatisieren? Ist es wirklich Sinnvoll das Listing ein dreizehntes Mal zu optimieren, oder sollte ich nicht lieber ein zusätzliches Produkt finden?

6. Was wenn ich es Anderen erlaube Entscheidungen bis 100, 500 oder 1000$ zu treffen?

Diese Frage betrifft Unternehmer mit Angestellten/Virtuellen Assistenten. Tim trainierte seine VAs so, dass diese Entscheidungen (z.B. Kundenrückerstattungen) selbst treffen konnten. Anfangs kontrollierte er ihre Entscheidungen wöchentlich, später monatlich. Irgendwann merkte er, dass in 99% der Fällen die Entscheidungen so gut waren, dass er nicht intervenieren muss. Dadurch konnte er sich Themen widmen, die seine Marke nach vorn bringen.

7. Was ist der am wenigsten überlaufene Kommunikationskanal?

Als Tim sein erstes Buch (4HWW) vorstellen wollte, nutzte er diesen Ansatz um mit Bloggern ins Gespräch zu kommen. Er fand heraus, dass alle versuchen mit Bloggern primär via Email und sekundär via Telefon Kontakt aufzunehmen. Obwohl er diese beiden Kanäle als seine Stärke ansah nutzte er statt dessen den weniger überlaufenen Kommunikationskanal: Er ging zu einer Messe und setzte sich da in die „Blogger-Launch“ um persönlich ins Gespräch zu kommen. Seine Kalkulation: Anstatt einer von 500 Emailschreibern wollte er lieber einer von 5 Gesprächspartnern sein.

8. Was wenn ich mein Produkt nicht direkt bewerben kann?

Als Tim sein zweites Buch (4HBody) vorstellte merkte er, dass er die Aufmerksamkeit der Medien nicht direkt bekommen konnte. Statt dessen verwendete er folgende Strategien:

  1. Lenke die Aufmerksamkeit auf Leute/Beispiele aus dem Buch.
  2. Schreibe über andere/nicht im Buch erhaltene Verrückte Sachen die nur den Spirit des Buchs teilen.
  3. Versuche einen neuen Begriff populär zu machen (er schaffte dies mit „Lifestyle Design“)
  4. Mach den Launch selbst zu einer Story und beschreibe ihn im Detail als Content für deinen Blog. (Verkauf die Story über das Produkt statt das Produkt)

9. Was wenn ich meinen eigenen realen MBA aufsetzen würde?

Die Idee des eigenen MBA beschreibt Tim auf seinem Blog. Anstatt viel Geld an einer Uni auszugeben legte er das Geld in einen Topf (Fund) den er dazu benutzte in Startups zu investieren. Dabei ging er davon aus, dass er alles Geld in diesem Topf verlieren würde (wie auch beim Studium). Sein Ziel war es statt dessen in den nächsten zwei Jahren mit dem Geld so viel über Investing zu lernen wie möglich. Sein MBA war nebenbei erfolgreich. Verloren hat er kein Geld, allerdings ging es darum etwas zu lernen. Am Ende des Artikels beschreibt er andere Fächer (statt Business) um „Real World“ Erfahrungen zu sammeln.

10. Muss ich das Geld so zurück verdienen wie ich es verloren habe?

Die Idee ist hier: Falls ein Unternehmen mal in die Hose geht, muss man nicht zwingend in der selben Branche die Verluste wieder rein holen. Tim hatte Pech mit einer Immobilie. Anstatt über Vermietung sein Geld wieder herein zu holen, hat er die Immobilie mit Verlust verkauft und statt dessen seine Zeit in etwas investiert was höhere Returns verspricht. Durchaus eine Idee die ich im Kopf behalten sollte – als e.On Aktionär… 🙁

11. Was wenn du nur „Weglassen“ kannst um Probleme zu lösen?

Die Idee dahinter ist, sich zuerst auf das wesentliche zu fokussieren und nicht zu versuchen von 0 auf 100 zu starten. Tim bringt ein Beispiel eines seiner Investment-Startups. Das Startup wurde Umbenannt und die Website musste zügig komplett umgestaltet werden. Man hatte jedoch nicht genug Kapazität um die Umgestaltung komplett vorzunehmen. Man hatte jedoch genug Manpower um Funktionen zu deaktivieren und erstmal nur die Kernfunktionalität im neuen Design anzubieten. Dadurch stieg am Ende sogar die Conversion-Rate, da Nutzer nicht von Funktionen abgelenkt wurden.

12. Welche Systeme muss ich etablieren um 4 bis 8 Wochen offline zu gehen?

Diese Überlegung ist vielschichtig. 4-8 Wochen ist lang genug um nicht dem Irrglauben zu verfallen, man könnte nach der „Rückkehr“ die liegengebliebene Arbeit aufholen. D.h. man ist gezwungen sich andere Automatismen zu überlegen. D.h. welche Dienstleistungen kann ich einkaufen, was kann ich outsourcen, was kann ich weglassen etc. um nicht selbst in den Prozess involviert zu sein.

Der Vorteil ist, dass diese System auch dann bestehen bleiben, wenn man wieder Online ist. Nur plötzlich hat man weniger Arbeit und kann sich auf die wesentlichen Dinge (Geschäftssteigerung) fokussieren.

13. Jage ich die Antilope oder die Feldmaus?

Hierbei geht es um eine Metapher: Der Löwe hat alle Fähigkeiten um eine Maus zu jagen und zu fressen. Aber sollte er das tun? Er wird davon nicht satt und am Ende verhungert der „erfolgreiche Mäusejäger“. Der Löwe sollte also ein Ziel verfolgen, was seinen Fähigkeiten entspricht und nicht zu tief stapeln.

14. Könnte es sein, dass der aktuelle Zustand eigentlich gut genug ist?

Diese provokante Frage hat etwas mit Philosophie zu tun und tritt vor allem (meiner Meinung nach) dann in Kraft, wenn die geschaffenen Assets ausreichen den eigenen Lebensstandard zu unterstützen/erhalten. Muss es dann wirklich mehr sein? Wozu? Hier ist ein Hinweis auf das Buch „First Things First“ von Covey zu empfehlen.

15. Wie würde das aussehen, wenn es einfach wäre?

Diese Frage trifft mich häufig im IT-Umfeld. Dort ermutige ich Kollegen gern die Fesseln des „war schon immer so“ abzulegen und zu fragen „Wäre es nicht schön wenn…?“. Nachdem man sich dann darauf geeignet hat, was man bräuchte damit die Aufgabe leichter zu lösen ist, fragt man dann: Und warum machen wir das nicht so?

Tims Frage hat noch einen zweiten Aspekt. Häufig denkt man für die Problemlösung zu kompliziert und unterstellt, dass die Gegenseite nicht richtig mitgedacht hat. Häufig jedoch bietet die Gegenseite einfache Lösungen an. z.B. Gesetze/Richtlinien und Auflagen. Es gibt häufig Erleichterungen für kleine Unternehmen. Anstatt also gefrustet vor der Komplexität zu kapitulieren sollte man sich fragen? Könnte es auch einfacher gehen? Hat man das vielleicht sogar berücksichtigt?

16. Wie kann ich das Problem mit Geld erschlagen? Wie kann ich „Geld verschwenden“ um meine Lebensqualität zu verbessern?

Wenn du genug Geld hast um das Problem zu lösen, hast du kein Problem. (Dan Sullivan)

Am Anfang der Karriere investierst du Zeit um Geld zu verdienen. Wenn du deine Goldader gefunden hast und plötzlich Geld verdienst, dann solltest du das Geld einsetzen um Zeit frei zu schaufeln. Tim nutzt diese Frage in seinem täglichen Journal um nicht in die Details von Problemlösungen gesaugt zu werden, die einfach nur seine Zeit fressen.

17. Keine Eile, Keine Pause

Anstatt sich abzuhetzen um dann dringend benötigte Pausen einschieben zu müssen, ist es effektiver langsamer und kontinuierlich voran zu gehen. Also im übertragenen Sinne: Anstatt eine 5 km Strecke in 100 m Sprints mit zwischen geschobenen Pausen zu bewältigen, ist es besser einfach locker die 5 km zu joggen ohne anzuhalten.

Das Gleiche gilt für den Bau eures Geschäfts.

Hier ist noch der Link zur Podcast-Episode von Tim. Ich hoffe der Artikel war interessant für euch. Gebt mir gern Feedback ob ihr solche Inhalte für den Blog sinnvoll findet. An dieser Stelle sei auch nochmal auf den Artikel zum Thema Zeitmanagement hingewiesen.